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Möckernkiez Newsletter – Nr. 31 – April 2021 (Auszug)

Fragen an den Beiratsvorsitz
Wie geht es weiter nach dem Bannerkonflikt?

Am 4. März hat der Vorstand 24 Bewohner:innen in der Yorckstr. 26 wegen des Aufhängens von Bannern zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“ eine Abmahnung mit Androhung fristloser Kündigung ausgesprochen. Am 8. März nahmen die Bewohner:innen die Banner unter Protest ab, die Abmahnung wurde danach zurückgenommen. Dieser Vorfall hat viele Fragen zum Selbstverständnis der Genossenschaft aufgeworfen. Eine erste Klärung versprach man sich von der Sitzung des Beirates am 10. März. Fragen dazu an den Beiratsvorsitz.

Was waren die Ziele, was die Ergebnisse der Beiratssitzung am 10. März?
Beiratsvorsitz: Unser Ziel war, allen Positionen in einer nicht aufgeheizten Atmosphäre Raum zu geben und erste Perspektiven zu entwickeln, wie wir in dieser Angelegenheit vorankommen. Das wurde wohl erreicht. Alle sind zu Wort gekommen, die ganze Vielfalt der Positionen ist deutlich geworden, und parallel konnten im Chat auch die mitdiskutieren, die kein Rederecht haben.
Beiratsvorsitz: Wir hatten eine bisher nie gekannte Resonanz. Rund 90 Leute haben mitdiskutiert – viele im Chat als Gäste mit durchaus wichtigen Beiträgen. Für mich war das eine Sternstunde des Beirates.
NL: Habt Ihr aus der Diskussion auch neue Erkenntnisse gewonnen?
Beiratsvorsitz: In den Stellungnahmen der Hausgruppensprecher:innen wurde deutlich, dass die Reaktion des Vorstands durchgehend als überzogen angesehen wird. Diese Einmütigkeit hätte ich nicht so erwartet.
Interessant fand ich auch, dass selbst die beteiligten WGs dem Konflikt etwas Gutes abgewinnen konnten, weil sie dadurch viele Kontakte geknüpft haben mit Bewohner:innen, die sie vorher nicht kannten.

Wie ist jetzt das Verhältnis zwischen Vorstand und Beirat?
NL: Es ist unseres Wissens das erste Mal, dass der Vorstand eine Entscheidung juristisch durchgezogen hat, ohne die bewährten Moderationsverfahren abzuwarten. Was heißt das für die zukünftige Rolle des Beirats?
Beiratsvorsitz: Das stimmt so nicht. Es hat Moderationsversuche und Gespräche sowohl mit den WGs wie auch mit dem Vorstand gegeben.
Es ging ja auch um den Beiratsbeschluss vom letzten August, in dem wir Regeln zum Aufhängen von Bannern entwickelt haben. Als Hüter:innen der Beiratsbeschlüsse haben wir den Vorstand darauf hingewiesen.
NL: Was war das Ergebnis der Gespräche?
Beiratsvorsitz: Keins in Bezug auf eine Lösung des Konfliktes. Er ist der Ansicht, dass der Beschluss politische Banner nicht einbezieht.
Beiratsvorsitz: Wir stehen in einem strukturellen Dilemma. Nach der Satzung ist es völlig klar, dass der Beirat nur ein beratendes Organ ist. In der Praxis hat sich aber herausgestellt, dass der Vorstand den Beirat ernst nimmt. Er nimmt an den Beiratssitzungen teil, gibt bereitwillig Auskünfte, beantwortet die FAQ sehr sorgfältig. In diesem konkreten Fall ist der Prozess anders verlaufen, weil der Vorstand sich letztlich immer auf die Satzung berufen kann, die ihm das Recht gibt, genossenschaftliche Dinge allein zu entscheiden.

Braucht der Beirat mehr formale Rechte gegenüber dem Vorstand?
Beiratsvorsitz: Bislang haben wir keinen Bedarf gesehen. Wir arbeiten gut mit dem Vorstand zusammen, wir besprechen vorab jede Beiratssitzung. Hier ist das erste Mal ein richtiger Konflikt entstanden. Das Verschicken der Abmahnungen fanden wir vom Beiratsvorsitz auch nicht gut. Aber diese Aktion ist ein Einzelfall, ich würde da keine strukturelle Problematik sehen.
Beiratsvorsitz: Wenn jemand der Ansicht ist, der Beirat solle mehr verbindliche Rechte bekommen, muss die Initiative aus der Mitgliedschaft kommen. Darum wird es spannend, wie die Meinungsbildung in den Häusern läuft. Wir sollten auch im Blick behalten, dass die Amtszeit des Vorstands abläuft und wir diese Fragen mit seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger aushandeln müssen. Ich nehme mit Freude wahr, dass sich der Aufsichtsrat aktiv in das Management und in die Bearbeitung des aktuellen Konfliktes eingeschaltet hat. Es wird spannend, wie solche Fragen in den Auswahlprozess eingebracht werden.
Ohne dass ich das schon arbeitsrechtlich geprüft habe, könnte ich persönlich mir vorstellen, dass der Vorstand durch eine Klausel im Arbeitsvertrag neben den formal-satzungsgemäßen Aufgaben auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Beirat zur Förderung unserer lebendigen und gewünschten Kultur der Selbstverwaltung verpflichtet wird.

Wie wird der Konflikt um die Banner im Beirat weiter behandelt?
Beiratsvorsitz: Der Beirat hat beschlossen, die Frage, ob politische Banner aufgehängt werden können, in den Hausgruppen zu diskutieren. Jede:r, die/der hier wohnt, sollte ihre/seine Meinung kundtun. Es geht also um ein Meinungsbild, um individuelle Meinungen und nicht um eine Position der Hausgruppe. Der Hintergrund ist, dass es vermutlich eine Menge Leute gibt, die es nicht gut finden, mit Bannern Meinungen kundzutun. Allen Stimmen soll Raum gegeben werden. Auf der nächsten Beiratssitzung tragen wir die Ergebnisse der Meinungsbildung zusammen. Wie es dann weitergeht, hängt von den Ergebnissen ab. Wie viele beteiligen sich überhaupt, mit welchen Positionen, wie verteilen sich Mehrheit und Minderheiten – da kann man jetzt nur spekulieren. Wir haben uns aber fest vorgenommen, eine Woche nach der Beiratssitzung einen Vorschlag zu machen, in welche Richtung der Augustbeschluss des letzten Jahres überarbeitet werden soll.
NL: Wie stimmt Ihr Euch mit dem Vorstand ab?
Beiratsvorsitz: Wir haben auch den Vorstand und Aufsichtsrat um eine Stellungnahme gebeten. Dann kommt es darauf an, wie die neue Regelung aussehen wird. Bei politischen Bannern bekommen wir sicher ein Problem. Alles, was der Beirat aushandelt, ist eine rechtliche Grauzone – wenn der Vorstand nicht mitspielt, müssen wir das akzeptieren.
Beiratsvorsitz: Ich sehe in diesem Konflikt aber auch große Chancen für die Weiterentwicklung für uns als Möckernkiez-Gemeinschaft. Dazu gehört auch, wahrzunehmen, dass die, die sich gegen die Banner ausgesprochen haben, sich vereinnahmt fühlen von diesen politische Forderungen. Das müssen wir ernst nehmen. Das bringt mich zu der Frage, wie wir es schaffen, Minderheiten einen Raum zu geben, wo sie sich frei äußern können. Darauf habe ich noch keine Antwort. Ich vertraue hier aber ganz auf den Prozess. Einen wichtigen Beitrag leisten hier unsere offenen Veranstaltungsformate.
Der Jour Fixe der AG Zusammenleben am 28. März wird den Konflikt aufgreifen, und für den Frühsommer ist ein weiteres Open Space geplant. Und am 3. Mai werden sich bei einer Online-Konferenz alle Aufsichtsrats-Kandidat:innen den Fragen der Genossenschafter:innen stellen, auch da kann der Umgang mit solchen Konflikten angesprochen werden.

Bald wieder frisches Gemüse
„Tiny Farms“ im Möckernkiez geht weiter
Tiny Farms, das sind Jacob und Tobias aus dem Möckernkiez, die vor einem Jahr angefangen haben, in Brandenburg mit einem neuen Konzept Gemüse anzubauen. Auch wenn es im Winter kein frisches Tiny Farms Gemüse auf dem Kiezplatz gab, ist das Projekt dennoch gewachsen. So starten Jacob und Tobias dieses Jahr mit einem Team aus inzwischen fast zehn Menschen in die neue Saison.
Aus einer Tiny Farm sind inzwischen zwei geworden und im Herbst wurden sie bereits mit dem Next Organic Award der Heinrich-Böll-Stiftung ausgezeichnet. 2021 geht es für Tiny Farms vor allem darum, mehr Menschen den Einstieg in den Gemüsebau zu ermöglichen. Wie das gehen kann, erprobt in dieser Saison eine kleine Gruppe von Pionier:innen auf der Tiny Farm No.2.
Dafür haben Jacob und Tobias eigens die Tiny Farms Academy als gemeinnützigen Träger für den niederschwelligen Einstieg in den Gemüsebau gegründet und suchen noch Unterstützer:innen, um auch dieses Vorhaben realisieren zu können.
Konkret werden noch Menschen gesucht, die sich an Mini-Stipendien für die Gemüse-Pionier:innen beteiligen möchten! Kontakt: http://www.tinyfarms.de
Das Wichtigste zum Schluss: Es wird wieder Tiny Farms Gemüse im Möckernkiez geben. Nachdem die letzte Saison ein voller Erfolg war, wird der Marktstand wieder ab Mai 2021 aufgebaut. Die genauen Termine werden frühzeitig bekannt gegeben. Die Marktfrauen und Tiny Farms freuen sich schon auf eine sommerliche Saison mit frischem Gemüse auf dem Kiezplatz!

AG Zusammenleben im Kiez
Alt werden im Möckernkiez – etwas hat mir gefehlt
Es war eine eindrucksvolle Veranstaltung am 28. Februar per Videokonferenz mit über 60 Teilnehmer:innen. Verschiedene Möglichkeiten wurden aufgezeigt, wie wir uns solidarisch gegenseitig unterstützen können. Wesentlich war auch der Gedanke, dass wir im Möckernkiez leichter dem Schicksal entgehen können, allein und einsam zu sein.
Das Wohngemeinschafts-Projekt „Lebendig Altern“, dessen Entwicklung Ulrike vorstellte, war ein wesentlicher Beitrag, als Gegenentwurf zum Leben im Altenheim, verbunden mit ökonomischen, kostengünstigeren und ökologischen Aspekten. Ein Miteinander wäre zwar auch im Möckernkiez in einzelnen Wohnungen möglich gewesen, aber das unmittelbare Gemeinsame ist ihnen besonders wichtig. Die WG ist wie eine Versicherung: Es wird vieles auf mehrere Schultern gegeben. Das hat mich beeindruckt.
Aber es hat mir auch etwas Wesentliches gefehlt. Der Gedanke, was die Beziehung zur jüngeren und zur jungen Generation bedeutet, kam im Laufe der Veranstaltung fast nicht vor. Neben der Gemeinschaft innerhalb unserer Altersgruppe ist für mich die Begegnung mit den Generationen meiner Kinder und Enkel ein wesentlicher Lebensinhalt. Da kommen verschiedene Perspektiven auf das Leben miteinander ins Spiel. Das Leben ändert sich heute sehr schnell. Manches sieht für unsere Kinder ganz anders aus, als es für uns einmal gewesen war.
Unsere Erfahrungen können sich gegenseitig befruchten. Praktisch können wir uns gegenseitig helfen. Dinge die uns schwerfallen, können unsere Kinder für uns leisten. Umgekehrt können wir uns –innerhalb der Grenzen unserer Kräfte – um ihre Kinder kümmern. Den Umgang mit den Enkeln empfinde ich als große Bereicherung, als wesentlichen Teil meiner Lebenserfüllung.
„Praktisch können wir uns gegenseitig helfen“
Die vorgestellten Modelle der Altengemeinschaften finde ich in unserer modernen Gesellschaft sehr wichtig. Denn viele alte Menschen haben heute aus verschiedenen Gründen keinen Kontakt zu leiblichen Nachkommen. Trotzdem ist für mich die Kommunikation zwischen den Generationen wesentlich. Und es gibt heute diverse Projekte, sie auch da zu ermöglichen, wo es mit den eigenen Nachkommen nicht möglich ist.
Vielleicht könnten wir das auch im Möckernkiez versuchen. Wenn wieder einmal ein allgemeines Gespräch zum Altwerden angesetzt wird, würde ich mir wünschen, dass die Beziehung zwischen den Generationen auch thematisiert wird.

AG Grüner Daumen
Gieß-Patenschaften gesucht
Frühling lässt sein blaues Band… Bäume und Sträucher beginnen zu sprießen. Heute ist der 17. März. Krokusse und Winterlinge beglücken uns und schauen uns freudestrahlend an. Noch ist es kühl, feucht und windig. Und es regnet sogar zwischendurch! Freuen wir uns also auf den Frühling, die Sonne, das Licht und die Wärme. Falls die ersehnte Sonne es doch zu gut mit uns meint, hören wir die Bäume wieder nach Wasser rufen.
Im letzten Jahr stellte es sich immer wieder als Problem dar, die Bäume an der Yorckstraße ausreichend zu gießen. Die Gewerbetreibenden waren damit überfordert. In diesem Jahr kommt der Yorckplatz mit den Blumenkästen und den frisch gepflanzten Bäumen als neues Aufgabengebiet hinzu. Die Gewährleistung der zuständigen Firma ist bis Ende Juni vertraglich abgesichert. Für den Platz haben wir bereits Paten gefunden. Auch um die Bäume an der Yorckstraße werden sich zwei Frauen aus dem Kiez kümmern.
Doch das wird nicht ausreichen. Die Kräfte sind begrenzt. Deshalb unsere Frage und Bitte an alle Kiezbewohner:innen: Wer kann zusätzlich beim Gießen der Bäume und Sträucher unterstützen? Vielleicht können auch „jüngere“ Leute dazukommen…. Die AG Grüner Daumen bittet um zahlreiche Meldungen.
Ein Schoko-Osterei ist sicher. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an alle, die sich im vergangen Jahr mit viel Einsatz darum gekümmert haben, dass es so grün und bunt im Möckernkiez aussieht.

Pläne für den Park am Gleisdreieck
Ein Freiraum für alle!
Es wird Frühling, die Nächte werden milder und Corona sorgt weiter dafür, dass Bars und Clubs geschlossen bleiben. Also wird wohl wieder wie in den letzten Jahren nach Einbruch der Dunkelheit im Park am Gleisdreieck Party gemacht – oft zum Verdruss der Menschen, die am Park wohnen. Nachts Lärm, morgens Berge von Müll – so soll es nicht weitergehen, findet auch der Parknutzer:innenbeirat, in dem Frank und Imme für den Möckernkiez vertreten sind.
Fünfmal hat sich im Winterhalbjahr ein „Runder Tisch“ zusammengesetzt, um Lösungsvorschläge zu entwickeln. Mit dabei waren auch die im letzten Jahr gegründete Bürger:innen-Initiative „Gemeinsam fürs grüne Gleisdreieck“, GrünBerlin, der Bezirk, die Senatsverwaltung und als Gäste Ordnungsamt und Polizei. Die nur sehr lose organisierte Partyszene war nicht vertreten, die Altersgruppe „50 plus“ dagegen sehr stark, wobei sich die Älteren keineswegs immer einig waren.
Mehr und größere Müllbehälter, mehr und länger geöffnete Toiletten, mehr Plakate und Infotafeln mit der Aufforderung zu mehr Rücksichtnahme wurden als Sofortmaßnahmen vorgeschlagen. Auch eine gemeinsame Müllsammelaktion wurde angeregt, die Parkaufsicht soll in Schulungen besser auf Konfliktsituationen vorbereitet werden und insgesamt müsse die Kommunikation zwischen allen Beteiligten verbessert werden.
Zu oft wurde in der Vergangenheit die Verantwortung hin- und hergeschoben. Die Parkaufsicht darf keine hoheitlichen Aufgaben übernehmen, also auch keine Bußgelder eintreiben. Das Ordnungsamt hat nachts keine Schichten und die Polizei hat zu wenig Personal, um in Notfällen schnell und wirksam tätig zu werden. Aber diese Stellen wollen sich künftig besser miteinander austauschen, bislang gab es noch nicht einmal eine gemeinsame Telefonnnummer, die Anwohner:innen anrufen konnten.
GrünBerlin ist gerade dabei, in einem „Reallabor“ Anregungen für die Nutzung des Parks zu sammeln. Gesucht werden Ideen zum Mitmachen und Visionen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. In einer ersten Diskussionsrunde wurde beispielsweise angeregt, an einem zentralen Platz den gesammelten Müll in einer Plexiglasröhre zu präsentieren, um das Bewusstsein für Müllvermeidung zu schärfen. Ein anderer Vorschlag: einzelne Bänke im Park werden als „Dialogbänke“ gekennzeichnet. Wer sich dort hinsetzt, signalisiert: Nimm Platz, lass uns miteinander reden! Gerade in der Pandemie fehlt ja vielen die Möglichkeit, in Kontakt mit anderen zu kommen. Auch Kunstprojekte und gemeinsame Pflanz- und Tierbeobachtungsaktionen mit Beteiligung von Kindern sind geplant. Der Park ist ein Freiraum für alle – es liegt an uns, wie wir damit umgehen.